Bild: Das Bild oben zeigt den Blick aus der Goldstraße auf die Klever Synagoge. Katrin Bürgel und Helga Ullrich-Scheyda (von links) haben die Ausstellung gemeinsam konzipiert.
Am 24. August 1821 wurde das Gotteshaus an der Reitbahn eingeweiht. Genau 200 Jahre später eröffnet dort eine Ausstellung. Nach dem Auftakt am historischen Ort ist sie im VHS-Gebäude zu besichtigen.
Die Eröffnung der Synagoge in Kleve wurde vor 200 Jahren groß gefeiert. Damals seien gar Platzkarten verteilt worden, berichtet Historikerin Helga Ullrich-Scheyda. Ein evangelischer Geistlicher und Regierungsrat hielt die Festrede auf Hebräisch. Am 24. August 1821 wurde das Gotteshaus an der Reitbahn unter reger Beteiligung der Klever Bevölkerung eingeweiht. Nun soll genau zwei Jahrhunderte später eine Ausstellung an die Synagoge erinnern, die bei den November-Pogromen des Jahres 1938 niedergebrannt wurde.
Die Ausstellung konzipiert hat Ulrich-Scheyda zusammen mit der neuen Leiterin des Klever Stadtarchivs, Katrin Bürgel. Es sei eine äußerst spannende und gelungene Kooperation zwischen dem Stadtarchiv und dem Klevischen Verein gewesen, sagt Bürgel. Historikerin Helga Ullrich-Scheyda hat in den vergangenen Monaten recherchiert und dabei auch eine ganze Anzahl an unpublizierten Quellen entdeckt – wie Akten, die bisher noch nicht berücksichtigt worden sind. Von der Synagoge erzählen aber auch alte Briefe, etwa verfasst von Johann Arnold Kopstadt zwischen 1820 und 1830. „Ein echtes Lästermaul“, sagt Ullrich-Scheyda und lacht. Die Bemerkungen Kopstadts sind persönlich gefärbt – als Quelle aber trotzdem hochspannend. Die Sammlung der Schriften aus dem Nachlass hatte das Stadtarchiv im Jahr 2014 erworben.
Seit dem 17. Jahrhundert gab es bereits eine jüdische Gemeinde in Kleve. Sie umfasste relativ konstant rund 150 Mitglieder. Die erste Synagoge an der Gasse Gerwin hatte der Bankier Elias Gompertz hinter seinem Wohnhaus 1671 errichten lassen. Doch sie genügte von der Größe und dem Bauzustand nicht mehr den Anforderungen, sodass die jüdische Gemeinde die neue Synagoge nahe der Schwanenburg errichten ließ. Dort hatte zuvor das Oberste Landgericht getagt, das Gebäude war mit der Zeit aber verfallen. Zu finden ist es übrigens auch auf dem bekannten „Gnadenseilbild“, das heute noch in Kleve ausgestellt ist.
Wie entwickelte sich die jüdische Gemeinde? Wie gesaltete sich das Zusammenleben der Religionen in der Zeit? Und wie sah die Synagoge überhaupt aus? Diesen und anderen spannenden Fragen wird in der Ausstellung nachgegangen, wie Stadtarchivarin Katrin Bürgel sagt.
Mit der Synagoge eng verknüpft ist die Geschichte der nebenan errichteten jüdischen Schule, die daher ebenfalls thematisiert wird. An den Biografien der Vorsänger, die auch als Lehrer tätig waren, lässt sich die gesellschaftliche Entwicklung bis zur Zeit des Nationalsozialismus ebenfalls nachvollziehen. Die Geschichte der Synagoge nahm in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ein jähes Ende, als sie den Flammen der November-Pogrome zum Opfer fiel. Männer der nationalsozialistischen Gewalt-Regimes brannten das Gotteshaus nieder.
Die Ausstellung blickt aber auch über das Ende der Synagoge hinaus – auf die Entwicklung des Ortes. 13 Plakate sind bei der Schau zu sehen, die zwischen dem 25. August und dem 9. November in den Räumen der Volkshochschule, Hagsche Poort 24, zu sehen sind. Eine besondere Veranstaltung gibt es zum Auftakt der Ausstellung am 24. August, also genau 200 Jahre nach Eröffnung der Synagoge: Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Wolfgang Gebing wird der Schauspieler und Rezitator Marco Spohr aus historischen Quellen lesen, Helga Ullrich-Scheyda und Katrin Bürgel werden über die Hintergründe informieren. „Wir wollen Geschichte lebendig machen, und zwar an dem historischen Ort, an dem die Synagoge gestanden hat“, sagt die Archivleiterin. Die Veranstaltung findet ab 17 Uhr unter den dann gültigen Coronabedingungen an der Reitbahn statt. Bei starkem Regenfall soll sie in die Stadthalle verlegt werden.
Quelle: (Text) RP Online, Ludwig Krause, 18.08.2021 / (Bild) van offen/krause