Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich Willkommen im ehemaligen Lustgarten der Residenzstadt Kleve.
Der„Lustgarten“ ist keine Grünfläche auf dem Hamburger Kiez, sondern ein oft parkähnlicher Garten, der vorrangig der Erholung und Erfreuung der Menschen dient.
Lustgärten existieren seit vielen Jahrhunderten. Im alten Rom schmückten Pavillons, Skulpturen und Tempelanlagen den gestalteten Garten. Im Mittelalter wurde der von einer Mauer umgebene Lustgarten mit typischen Gestaltungselementen wie Laube, Pergola, Brunnen, Rasen, Bäumen, erhöhten Beeten und Stein- oder Rasenbänken versehen. Im London des 18. und 19. Jahrhunderts gab es viele öffentliche Lustgärten, sogenannte Pleasure gardens. Sie enthielten häufig große Konzertsäle oder es wurden Promenadenkonzerte aufgeführt.
1664 erwarb Kleves Statthalter Johann Moritz van Nassau-Siegen aus kurfürstlichem Besitz an der Goldstraße in Kleve ein Grundstück samt Berghang am Kermisdahl, um darauf einen Lustgarten anzulegen, der zusammen mit seiner Stadtresidenz, dem Prinzenhof, 1671 vollendet wurde.
Fotos: Thomas Velten, 13.09.2020
Mittelpunkt des Gartens war ein labyrinthartiges Rondell mit vier Torpavillions und vier Torbögen. An drei Seiten war der Garten mit einer Mauer umgeben, die vierte Seite nach Osten war gegen den Kermisdahlhang durch eine Fichtenbepflanzung abgeschirmt. In der Südmauer waren drei große Rundbogennischen eingelassen, in denen die Figuren dreier Gottheiten standen.
Blumenkübel, ein großer Spiegel, weitere Pavillons, Ruheplätze, Grotten und Aussichtshügel zierten den Lustgarten.
An diese Epoche erinnert das neue Podest mit Vase, gestiftet nicht vom Fürsten an sein Volk, sondern von Klevern an Klever. Erstellt durch die Firma Steinmetz- und Steinbildhauerei Schwartzenberg aus Aachen nach der Werkzeichnung von Johannes Schubert, Dombauhütte Xanten. Die Vase wurde von den Mitarbeitern der Schlosserei Korgel aus Kellen restauriert. Unterstützt durch großzügige Spenden aus der Bürgerschaft schenkt der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering im Klevischen Verein für Kultur und Geschichte e. V. dieses markante Denkmal. Dies nicht als Aufforderung zum Rückbau des im 18. Jahrhundert zu einem Landschaftspark umgewandelten Lustgartens, sondern als Erinnerung an eine große Epoche der Stadtgeschichte.
Vor gut 75 Jahren wurde das alte Cleve zerstört. Der Wiederaufbau nahm wenig Rücksicht auf das historische Gesicht. Die Lücken im Stadtbild sind weitgehend geschlossen, die Lücken im Wissen um die bedeutende Geschichte der Heimat sind jedoch größer den je. Geschichtslosigkeit heißt: Man weiß nicht, wo man herkommt und damit letztlich auch nicht, wo man hingeht. Das Denkmal schließt eine weitere Lücke zwischen dem Einst und Jetzt, damit sich das Zukünftige auf einem stabilen Fundament entwickeln kann.
Es ist ein Skandal, dass die Darstellung der bedeutenden Geschichte des Klever Landes bisher keinen würdigen Platz gefunden hat. Das Narrativ „Kleve“ muss erzählt werden. Der Klevische Verein bemüht sich seit einigen Jahren um ein stadtgeschichtliches Museum in der Schwanenburg. Damit diese Notwendigkeit Realität wird, brauchen wir eine breite Unterstützung aus der Bürgerschaft. Das heute eingeweihte Podest mit Vase soll auch in dieser Hinsicht ein Aufbruchsignal sein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Rede von Rainer Hoymann anlässlich der offiziellen Übergabe von Podest mit Vase am 13.09.2020
Foto: Rainer Hoymann, 13.09.2020