„Seniors for future“. Heimatfreunde Materborn schnitten Sichtachsen frei. „Wir machen uns Sorgen, dass wir die Pflege nicht mehr schaffen.“
Welch ein schöner Weg durch den herbstlichen Wald zum Kupfernen Knopf oberhalb des Amphitheaters, dann rechts ab, mittlerweile ohne Matsch trockenen Fußes oder auch per Rollstuhl in langer Schlaufe den 86 Meter hohen Sternberg hoch. Und dort der Blick rüber nach Elten oder hin zur Schwanenburg. Enormes haben die Heimatfreunde aus Materborn geleistet. Vor elf Jahren beschlossen sie, wenigstens ein paar der zugewucherten zehn „points de vue“ vom Klever Sternberg oberhalb der Tiergartenstraße frei zu schlagen.
In Schutzanzügen gegen die Brombeer-Widerhaken
In Schutzanzügen gegen die Brombeer-Widerhaken arbeiteten sie sich vor, kauften Geräte. 2009 fingen sie an, auf eigene Kosten, 2019 nun ziehen sie glücklich Bilanz. Jetzt eröffnen sich wunderbare Sichtachsen. Auf einstige Blicke zur Stiftskirche, zum Aussichtsturm, nach Nimwegen verzichtet man heute. Denn aus niedrigen Pflanzungen anno 1658 wurden Alt-Bäume und Dickicht von mittlerweile auch ökologischem Wert.
Die Heimatfreunde machten wenigstens zwei Wege wieder begehbar: Die Firma Siebers legte die wassergebundene Decke an, dass es nicht mehr so „sumpfig“ ist beim Spaziergang. Eine Bank setzten die Heimatfreunde 2010 rund um den Baum.
Patenschaft für das Waldgebiet übernommen
Die Abteilung Wald und Holz des Landes NRW hatte zwar schon früh klar gemacht, dass sie nicht für Denkmalpflege zuständig sei, und die Stadt Kleve zeigte sich als Nicht-Eigentümer ebenfalls nicht betroffen. Förster Jochim Böhmer aber hatte den Heimatfreunden vorgeschlagen, ob sie die Patenschaft für das Waldgebiet übernehmen wollten – und die ganze Arbeit. Sie wollten.
„Seniors for future“, lobt Förster Böhmer in Vertretung des Grundstückseigentümers die Materborner Gruppe und versichert, dass man sich beim Baumschnitt, der sicher auch mal nötig werde, nicht aus der Verantwortung ziehe. „Der Wald ist dynamisch. Er wächst nun mal.“
Hügel im 17. Jahrhundert auf Wunsch von Johann Moritz von Nassau aufgeschüttet
Heimatfreunde-Vorsitzender Rolf Wagener warnt: „Wir machen uns Sorgen, dass wir die Pflege nicht mehr schaffen werden. Wir sind nicht mehr jung und das Zeug wächst schnell“, zeigt er auf die Brombeerbüsche. Der Altersdurchschnitt der 198 Mitglieder im Materborner Verein liege wohl bei 75, überschlägt es Geschäftsführer Dieter Frooleyks. Neben ihm geht Margret Sweeren den einst aufgeschütteten Hügel hinauf, den Jakob van Campen im 17. Jahrhundert auf Wunsch von Johann Moritz von Nassau anlegte. Sie ist seit 43 Jahren als Heimatfreundin dabei und hat die 80 Lebensjahre überschritten. Das glaubt man nicht!
„Ich bin dankbar, dass es Bürger gibt, die ohne viel zu schwafeln anpacken.“
Frische Luft hält jung. Sie erinnert sich gern, wie die Vereinskollegen vor acht Jahren Bänke und Tische hier herauf schleppten zu einer stimmungsvollen, riesigen Kaffeetafel. Das würden sie heute nicht mehr schaffen, urteilt sie realistisch.
Als Stadtvertreter lobte der stellvertretende Bürgermeister Klaus-Werner Hütz „die Graswurzelbewegung, die effektiver arbeitet als Politiker“ (Graswurzelbewegung = Initiative, die aus der Bevölkerung entsteht). Förster Böhmer bestätigt: „Ich bin dankbar, dass es Bürger gibt, die ohne viel zu schwafeln anpacken.“
Barocke Parkanlage wurde zum Vorbild
Prinz Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679) schuf in Kleve in eine barocke Parklandschaft, die Vorbild wurde für Gärten in ganz Europa und u.a. für Schlosspark Sanssouci Potsdam.
Seit 1988 steht der nordwestliche Teil der Residenzanlagen am Tiergarten unter Denkmalschutz.
Die Sichtschneisen (ganz ursprünglich zwölf, sichtbar heute zehn) dienten als Jagdstern der Stellung des Wildes. Sie waren auch Symbol für den „Friedensfürst“, der den Überblick behält. Auf der Bergkuppe stand zunächst ein Pavillon, der später durch einen Baum ersetzt wurde.
Quelle (Text & Bilder): NRZ, Astrid Hoyer-Holderberg, 23.10.2019
Der Arbeitskreis Kermisdahl-Wetering im Klevische Verein sieht seine Aufgabe in der Pflege und – soweit möglich – Rekonstruktion der historischen Parkanlagen des Johann Moritz von Nassau -Siegen. Dieses Vorhaben ist nur durch das Engagement vieler Vereine und Bürger möglich. Wir hoffen sehr, dass es den Heimatfreunden Materborn gelingt, jüngere und tatkräftige Helfer zu finden. Die Kontaktdaten zum Verein finden Sie hier.